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HAIKUS & CO



Achim Eckert
 


2004, als ich noch seminare über chinesische medizin in bali gab, saßen wir unter palmen und eine teilnehmerin fragte herausfordernd: und dann - schreibst du gedichte, die keiner liest ? ich bejahte. Wir lachten.


gedichte stammen aus einer zeit
in der man genug zeit für das wesentliche hatte
zeit die gedanken zu verdichten
gedicht kommt von verdichten

gedichte stammen aus einer zeit in der pergament teuer war
man überlegte sich erst gut
was man auf fell oder papier tut
das gegenteil der digitalen flut
die verdichtete wahrnehmung eines gedichts
aus der das wasser des unwesentlichen verdampft wurde
muss wieder in das wasser der zeit gelegt werden
um verstanden und genossen werden zu können

man kann gedichte nicht überfliegen
eins nach dem andern
um sich mal schnell zu informieren
das gedicht ist die blüte
der leser ist die biene
wenn die biene nur schnell mal über die blüten fliegt
wird sie wahrnehmen wo der honig ist
aber sie wird ihn nicht gewinnen
dafür muss sie auf der blüte landen
und sich den blütenstaub holen
das braucht zeit

danach fliegt sie in den bienenstock
um den blütenstaub in der honigwabe zu sammeln
erst dann kann sie wieder fliegen und eine neue blüte suchen


die kurzen gedichte sind haikus nach japanischer tradition:
17 silben, müssen eine jahreszeit und einen naturgegenstand enthalten, sollten aus der meditation geboren sein - fertig mit 17 silben einige meiner haikus sind so entstanden, aber nicht alle -
ich arbeite an der versenkung.



endlich
der rote birnbaum
spricht mit mir
der birnbaum sagt
sei leise



gezwitscher



nachts
sitzt ein Buddha
am hafen

und träumt
von einer welt
ohne sieg



Cattaro


MAKULADEGENERATION

makuladegeneration
marmeladegeneration

wenn wir nicht jetzt beginnen
ein drittel weniger zu konsumieren
von allem außer der Liebe

und nicht alle 10 Jahre ein drittel weniger
von allem außer der Liebe -
denn wir werden alle 10 jahre ein drittel mehr
dank gutmenschen und pestiziden

werden von der schönheit der Welt
nur handyfotos übrigbleiben -
mit chicem schwarzem trauerrand

noch nie war die menschheit so fett
noch nie war die menschheit so fern
von baum, tier und stern



Noch keine Verwirrung



der fortschritt hat gicht
das leben kettenpflicht
seele ist außer sicht



Taifun



tag für tag
stemme ich meine Füße in den sand
und ziehe mit den anderen fischern
das schwere netz an land
das nachts über die bucht gespannt war

einmal ist ein junger rochen drin
den joao wieder ins meer wirft
ein anderes mal ein rotfisch
ein kilo vielleicht

sechs monate hat es nicht geregnet
in diesem regenwald
an dieser küste
während europa endlos
über strom- und gaspreise und busenblitzer und über flüchtlinge
und ganz demokratisch über wählverbote für rechte debattiert

ich stemme meine füße in den sand
und ziehe im takt mit den anderen am seil
die morgensonne brennt kreise in meine haut
der magen ist hohl
heute ist eine corvina im netz
ein fisch für zehn fischer
klimawandel
während europa
über gendern und kulturelle aneignung
und fussball diskutiert

das land wird weiter zubetoniert
als gäbe es kein heißes morgen
die straßen- und baulobby argumentiert mit sicherheit
wenn wieder millionen tonnen CO2 dem asphalt entspringen
die sicherheit der menschen vor hitze spielt keine rolle
hauptsache man kommt schnell zum flughaften

tag für tag
stemme ich meine Füße in den sand
und ziehe mit den anderen fischern
das schwere netz an land
es ist immer weniger drin



Cainana no arvore



lerne schlangen zu beobachten

ich pflanze unmögliche gärten

aruera neben jaca
jaca neben ipe
ipe neben jequitiba

gegenüber zwei tamarinden
und oberhalb ein mangobaum

und unterhalb ein flamboyant
der schatten spendet
und rot leuchtende blüten hat

der einzige satz im schönen konsumgedicht,
der wirklich bankrott macht
nicht nur dich, sondern auch deutschland,
österreich, griechenland, italien und spanien,
ist

gib weiter geld aus. tue es jetzt
das geld wird folgen
glaube an zauberei



Rio Contas



FÜßE

seine füße hatten
die farbe ausgewaschener erde
sie waren sandig
und trugen die träume
des fernen salvador in sich
dessen pflastersteine
und cachaca höhlen
sie nie betreten hatten

die nägel hatten
verdickte gelbliche rillen
vom nagel der rechten großen zehe
fehlte ein großes stück
das er sich an einem stein
oder einer wurzel abgestoßen hatte
als das fauchen des jaguars
seine kinder bedrohte
und er
aufgeschreckt von dem geschrei der frau
zu seiner hütte im wald lief
so schnell er konnte

nun blickte er auf das rinnsal des blutes
auf seinem rechten fußrücken
das die flinke braune schlange
mit schwarzer zeichnung am rücken
verursacht hatte
als er sie zwischen den trockenen blättern
des kakao überraschte

mit einer raschen halbkreisförmigen bewegung
hatte er die schlange nach dem biss
mit der machete in zwei stücke gehauen
vor allem der kopfteil wand sich noch ein paar minuten
und aus der schnittstelle tropfte blut und schleim
an ihr konnte man in den inneren hohlraum der schlange blicken
es war recht interessant
zu sehen
wie klein das ding war
das einem in wenigen stunden einen langen tod
bescheren würde

dann hatte er die zwei teile der schlange
wie zum triumph über einen waagrechten ast gehängt

er wusste er durfte sich nicht bewegen
da sonst das gift zu schnell zum herz gelangen würde
so blieb er still
und wartete ob sie ihn fanden

dann würden sie aus ästen und zweigen
eine trage machen
und ihn heraustragen aus dem regenwald
in dem eine überwucherte kakaoplantage
die schlangen wie magisch in sich versammelte

wenn sie nicht bald kamen
würde er in ein paar stunden zuerst am bein
gelähmt sein
und wenn sie ihn fanden
würden sie ihm das bein mit der machete abtrennen
und er wäre besinnungslos vor schmerz

wenn sie gar nicht kamen
wäre er in ein paar stunden
zuerst immer weiter nach oben
fortschreitend gelähmt
das atmen würde immer schwerer fallen
dann würde er hinübergleiten
in eine apathie
in ein langes vergessen
das warten wurde lang
und er sah noch einmal
die starke unerschütterliche gegenwart der gindiba
und des eisenbaumes
die hundertjährig aus dem getümmel der bäume ragten

noch lange sah er den himmel
und in ihm lief sein leben
in tausend bildern ab

er sah sich als jungen
muskulösen mann
wie er sich des nachts
in die schwarzen wasser des flusses
gleiten und abwärts treiben lässt
bis zum haus der geliebten am anderen ufer
wenn die eltern zum markttag in die stadt geritten waren

dort stieg er
fast nackt und nass und männlich
aus dem wasser
vermied geräusche auf leisen sohlen
klopfte an den holzladen der einfachen hütte
fast imer oeffnete sie
(nur manchmal war ihr cousin zu besuch
da blieb die türe zu)
und nahm ihn auf ihr lager
sie streichelte die kälte des flusses aus seinen muskeln
und trocknete mit küssen sein haar
der feine süße duft
der ihrer haut entstieg
je mehr sie sich erhitzte
ließ seine seele aufleuchten wie einen mond
ihre haut schimmerte hell in der dunklen nacht
und aus der kühle des flusses
entstand die glatte freude
und lust mit jedem stoß
mit dem er tiefer und tiefer
zwischen ihren kräftigen runden lippen wohnte
bis sie gemeinsame hitze wurden
ein ei von hitze und strahlung
in dem sie sich fassungslos vor glück
ineinander bewegten

im fahlen licht des morgens
verließ er die hütte
trabte flussaufwärts bis zur blitzzerschlagenen gameleira
von wo er mit der strömung wieder schräg
nach hause schwimmen konnte

und wieder sah er den himmel
und in ihm lief sein leben
in tausend bildern ab

am beginn des sommers
fand er den hügel am rande des flusses
inmitten von wäldern
inmitten von gindiba und otí
von massaranduba und pikí

aus der massaranduba schlug er holz
für eine plattform auf dem hügel
dort trieb er in der gluthitze der tage
im schatten von palmblättern
dem abgrund der träume entgegen
in dem sich ihm die zwischenwelten offenbarten

das jaguarfell trug er wieder um die hüften
und aus der jaquera brannte er sich ein kanu
in dem er flussaufwärts zum fischen ging
was ja viel angenehmer war
als gürteltiere aus ihrem bau zu graben
oder den kaninchen und büffeln nachzustellen

blieb noch die vogeljagd mit dem blasrohr
aber die gelang nur an tagen
an denen er schon mit prall gefüllten lungen aufwachte
prall wie die wasserbeutel
mit denen sein eltern von der quelle der heilung der schilde
zurückgekehrt waren
wenn der mond noch im wachsen war

und wieder sah er den himmel
und in ihm lief sein leben
noch in hundert bildern ab

nach einigen monden
während derer er auf der plattform am hügel saß
begann er den kapitän des waldes
und die anderen vögel zu verstehen
wenn sie meldeten
dass sich tier oder mensch näherten
und nachts die rufe der kleinen weißgrauen eulen
die gern auf sandigen böschungen saßen
und den träumen der anderen vögel rundherum
regungslos lauschten

noch einmal sah er den himmel
in ihm zerliefen die farben
das blau das weiß und das violett
und hinter ihnen erschien das gesicht
des großen jaguars
von dem ihm die alten erzählt hatten
als er noch nicht in worten
sondern nur in bildern denken konnte

seine füße hatten
die farbe ausgewaschener erde
sie waren sandig
und trugen die träume
der vögel in sich
denen er in jenen nächten am ufer des flusses
gelauscht hatte
den sie hatten ihn zu sich genommen
und ließen ihn nicht mehr auf pflastersteine
und in die cachaca höhlen des fernen salvador

ein kleines blutgerinnsel zeigte den weg
den die schlange ihm gewiesen hatte
zum gesicht des großen jaguar



fuesse



juli
auf meinem weg
wächst wilder salbei
ich komme nirgends an



Gang ins Licht



ich habe nicht mehr die Kraft
die Uhren im Hause alle auf die gleiche Zeit zu stellen

sie machen was sie wollen
stehen oder gehen

ich beglückwünsche mich
wenn es gelingt
den Deckel einer Dose
mit Zeigefinger und Daumen zu lösen

es scheint
der moderne Mensch kämpft mehr
mit dem Aufreissen von Plastikverpackungen
als um sich selbst und die Natur

ein leichter Schwindel erfasst mich
der Boden wird fern und ungewiss
wenn ich
im Spiegelsaal des Unbewussten
die Motivationen der Menschen sich verzerren
und entkleiden sehe

der Anblick einer Königskerze
leicht und aufrecht
läßt mich schweben



3714



Zwischen mir und
dem Gezwitscher der Vögel
lasten die Sorgen
über das Morgen

Pflanzen blühen und gedeihen
Füchse und Hasen bahnen sich den Weg
doch ich denke sie schwarz
die wiegenden Gräser
und stillen Blätter der Bäume

Krieg und Virus und falsche Propheten
stehen zwischen mir und
dem Gezwitscher der Vögel des Morgens
und verprellen mir
den Wert des Lebens
Tag für Tag

radikaler werden
verwurzellter




gezwitscher



der Tag bauscht sich
wie Wolken im Wind
Die Zeit fällt
zwischen das Flirren der Gräser
die Schritte der Tänzer
harren der Erd




cacau dancarino



distanz und masken
am ufer
des neuen jahrzehnts
liegt corona



Black Hidschab



gedränge
rabatt vor lockdown
ameisen
auf dem scheiterhaufen



Psychopath



Der Lockdown ist ökologisch sinnvoll.
Endlich wieder mal was Positives.
Im Canale Grande schwimmen Delphine.
Die Kreuzfahrtschiffe sind in Quarantäne.
Zwischen San Marco und Giudecca schweben rosa Schwäne.
Auf den Ramblas Barcelonas die Wildschweine irren.
Fledertiere bringen neue Viren.
Die Impfung ist tot. Es lebe die Impfung !
Mit Zuckerbrot und Peitsche
dringt der Staat in meinen Körper ein.
Bin ich sein Leibeigener ?
Bezahle ich ihn dafür ?
Oder dafür, daß er mich
vor unbefugtem Eindringen schützt ?




Garten Eden



auf silberfluten des meeres
wog ich

wie eine insel
aus kork



Mljet



die sonne des mittags
dämpft den geist

satori
kommt am nachmittag



Veliko



odem
komm in jede zelle

goldene flut
woge durch mich durch



Silberflut



der runde felsenberg
kriegt ein gesicht

mond und stern
löschen es nicht



Makarska



die worte
sind flatternde segel

am seinsgrund
hält der anker nicht



Lastovo



julihitze
der klang von pinien
und zikaden
füllt den raum



Mljets Auge



nach zehn tagen unter pinien

wachsen ihre wurzeln in mir



Pinie



juli
barfuss den fluss entlang
weich streifen die pflanzen meine brust



Korana Canyon



stehend im fluss
dem rauschen lauschen
die fische
knabbern an den zehn



Ribe



Dein Mund
Ist die Höhlung der Erde,
In die ich tauche
Bis zur Nacht



Cachoeirao



GEISTES GEGENWART

Es war
Die schärfe des geistes
Die er lernte zu legen
An die fläche der dinge
Wie ein skalpell
An junge spannende haut

Es war
Die schärfe des geistes
Die die dinge leuchtend rieb
Von königskerze zu himmel
Von moos zu stein
Von pore zu pore
Von note zu note

Die schärfe des geistes
Die ihn überkam
Als jähes geschenk
Daß ihm kurz der atem stockte
Wie der welle im moment
Bevor sie bricht
An langem felsigen strand
Und ihre wasser sich kurz
Dem sand vermählen

Die schärfe des geistes
Die zwischen piano und forte
Die brauen hob
In einem unfassbaren staunen
Über die wendung
Von c moll zu c dur
Von schwermut und
Melancholischem schleier über den dingen
Zu wunderlicher  unschuld
Am neubeginn der  welt
In einer rune der zeit



Achim Eckert



Jännerschnee
Bemooster Hügel-
Der Stein,
Auf dem ich schlafen werde



Achim Eckert



SCHÖNE NEUE WELT

du kannst
ein Leben lang
computer spielen
mit steifen sitzbeinen
und flimmerndem hirn
du kannst
dich einlassen
ins nicht einlassen
und deine erfahrungen
in aktenordnern stapeln
in deinem gehetzten limbischen system

du kannst die grotte hinter deinen brauen
zur sozialen datenverarbeitung benützen
du kannst
mit trockenen achseln
korrekt und vernünftig sein
gesammelt und abstrakt
mit monotoner Stimme
hörst du dich intelligent an
auch wenn du die längsten worte gebrauchst
die deine gefühllose ruhe aufspannen

um dich in diese rolle zu bringen
stell dir vor
dass deine wirbelsäule
ein schwerer langer stab ist
der vom hintern bis zum genick reicht
auch dass du einen eisenkragen
um den hals hast
durch eine krawatte unterstützt
geh sicher
dass du alles an dir bewegungslos hältst
auch den mund
und vor allem die hände
damit  dir keine unerwünschten emotionen
oder ein verräterischer ausdruck
zwischen deine überlegungen geraten



Sphinx



DER CODE DER KLEINEN DINGE

Wie alle werde ich
die kleinen Dinge tun
Menschen berühren
den Atem mit ihnen teilen
ich werde hoffen und lieben
Und mich bemühen
Den Unersättlichen Forderungen des Staates
So schlecht und recht genüge zu tun
wie alle
mit Kopfschmerzen
Rückenschmerzen
und Allergien reagierend
auf die moderne Superzivilisation
die mithilfe von Gentechnik und Fernsehhygiene
wild wuchernde Seelenlandschaften
in Strichcodes presst 

wie alle
werde ich vor mich hin lieben
die kleinen Dinge tun
den Tellerrand mit Gräten füllen
während die Wälder sterben
und die Frösche
und die Erde unter dem Asphalt
zu atmen aufhört
vor mich hin leben werde ich
mit einem Grimm im Herzen
über die Lemminge
die mitlaufen
in das falsche künstliche Paradies
das so vielen netter aussieht
als die Toten von Magdeburg und Verdun
von Auschwitz und Stalingrad
das aber ungleich mehr Opfer fordert
mehr Arten zu Leben auslöscht
mehr Würde des Menschen
mit Formularen vernichtet

die Hand voll Leute
die fast alles kontrollieren
werden in vier Stunden
von Berlin nach Tokio fliegen
aber die Liebe wird zersprochen
in Talkshows ausgehöhlt
und so umgangen werden
denn sie stört die Produktion

irgendwann dann werde ich
wenn ganze Landschaften
nur mehr aus Zuckerrohr bestehen
und andere nur mehr aus Raps
und in dem einen Wohnblock
nur mehr idente Sicherheitskräfte wohnen
und im nächsten idente Replikas von Installateuren
dann irgendwann
wenn die Erde noch mehr fiebert
unter der Würgeschlange
von Banken und Industrie
irgendwann dann
im letzten Taumel werde ich
ein aus alten Zeiten bewahrtes
rostiges Messer
in das Herz des Bösen stoßen
und es wird vielleicht nichts mehr nützen
da das Herz dann nur mehr aus Kunststoff besteht
und silbrig glänzende Elektrolyte
an neurochemisch sedierte Körperteile verteilt



Achim Eckert



Seit Stunden mein Fuß
auf dem bemoosten Stein im Wasser -
welches Glück !



haiku



Mai.
Wie welk die Blüten des Geistes,
Wenn Du in Stein gefangen bist.



Fortuna



MELODRAMA SAPIENS

der homo sapiens
verdient sich seine weisheit
mit zerstörung
wir lernen
aus trümmern und scherben
bis wir scherben sind
scherben der liebe zum leben
verscherbelt an konzerne und systeme
die ihre dynamik und triebkraft
aus vielen seelischen scherben ziehen

um durch neue technologien
zur seeligkeit zu kommen
zu luxus und paradies
opfern wir eines der weisesten systeme
der galaxien
auf dem plastikaltar
den trillionenfachen balanceakt
der ökotopia Terra
jeden tag eine andere art
auf dem altar aus acryl und akribie

der homo sapiens
verdient sich seine weisheit
mit zerstörung
er ist eine junge spezies
ein homo faber
der das werkzeugdenken des homo habilis -
er lernte das feuer vor einer million
siebenhundertfünfzigtausend  jahren in ostafrika -
zu atemberaubenden details verfeinert hat
zu chic und raffinesse
mit diamantbohrern und mikrochips
modelt  er die Terra um zur stadt eines grausamen gottes
zum grab eines grausamen gottes

in seinem inneren scherbenhaufen
kann er das feuer nicht entzünden
noch löschen
noch erhalten
seine seele ist präkambrischer schlamm
den ab und zu ein blitzschlag trifft
und neue aminosäuren erzeugt
sein nervensystem
die quadrillionenfachen wirbelnden dimensionen
kann er noch lange nicht gebrauchen
wie hammer und meissel

die zukunft wird ihn einreihen
in die lange reihe der australopithecen
als weiterentwicklung der faustkeilkultur
als beginnende technische zivilisation
mit kinderkrankheiten
erfüllt von abergläubischen ritualen
für liebe und macht
für krankheit und tod
mit einer fülle von zauber
und magischem unsinn im namen gottes
und grausamen khans und geschichtenerzählern
im namen von frieden und fortschritt
von sulla bis dschingis khan
von hitler bis stalin
von hussein bis bush
und medizinmännern die dachten
und glaubten
gesundheit sei ein produkt von biochemie
nach den gleichen prinzipien
herstellbar wie teflon oder petroleum
und priestern die die waffen segneten
und die liebe teilten
in solche vom teufel
und solche von gott
und stammesgesetzen
die die freie bewegung und vereinigung
von körpern und seelen auf diesem planeten
mit sadistischer bürokratie ahndeten
gleich welche ekstase
von tao und woodoo und soma
von opium oder sex oder christus

die zukunft wird uns faustkeilträger
vielleicht
als brücke sehen
zum neuro-logischen menschen
der die wirbelnden welten
von 10 billionen neuronen in seinem gehirn
nicht nur erträgt sondern tanzt
zu seinen hologrammen
zu seiner DNS musik
die zukunft wird uns kreditkartenträger
vielleicht
als brücke sehen
zum homo ecstaticus
oder destructivus
oder computronius
je nachdem
wir sind eine junge species
wir haben zu viel sprache
zu viel wissenschaft
aber zu wenig bewusstsein
für unser Bewusstsein



Achim Eckert



FORT – SCHRITT
WEIT  WEG

die Herzen
in Alufolie gehüllt
leichtmetalliges Leben
die Penisse
in Plastik abgepackt mit Verfallsdatum
aus Angst vor Nähe, Schweiss und Viren
und politisch korrekt und klinisch tot Penisse genannt
damit nicht unziemliche Leidenschaft
die Konsumgewohnheiten verzögert
den Tod
in Bestattungsunternehmen
verbannt
nicht mehr als Bote
der Leichtigkeit begrüßt
als Falke über dem Sturm
das Leben
nicht mehr ein großer Gesang
aus Liebe, Leid & Schmerz

das moderne Leben
eine kühle Automatik mit Mehrwertsteuer
mit dem Plastikgeruch von Kreditkarten
keine besinnungslose Sinnenhaftigkeit mehr
sondern eine Telefonwertkarte
mit Frühpensionsanspruch
wenn man nachweisen kann
daß man genug Formulare ausgefüllt hat
im Laufe des Lebens
(Periarthritis humeroscapularis)
oder sich genug gebückt hat
vor der Obrigkeit
(Bandscheibenvorfall)

schon die Befruchtung
immer öfter künstlich
als ob ein Wesen im Wesentlichen
nicht aus Luft, Licht & Liebe
gemacht wär
herbeiersehnt von den Engeln
den Akazien
den Zwischentönen entsprungen
aus der Stirn des namenlosen Gottes

und dann die Geburt
grell & analytisch
hineinverpackt in statistische Räume
die Kindheit terminlich geregelt
die jugendliche Liebe
ein kurzes Aufbegehren
gegen die Trostlosigkeit
der Verordnungen
noch immer gefangen
im Bann von Tristan, Mark & Isolde
die abgründigen & brüchigen Gefühle
von Hollywood überkleistert

das Leben ein Karrren
im Takt der Maschinen,
Urlaubsstaus & Steuererklärungen

Die Nieren kaum mehr gebadet
Im Duft von Brombeer & Muschel
Im Saft der innigen Liebe
Sondern gewaschen
Von Dialysegeräten und Diuretika
Die Lungen vom Treibhausgas
Des Fortschritts stolz gebläht

Die Milz mit Allergenen
Statt mit Mitgefühl befrachtet
Die Gebärmutter immer mehr
Als Retorte behandelt
Die man zum Müll tut
Wenn sie Sprünge zeigt

Das Leben
Mit Fernsehserien anästhetisiert
Mit der gläsernen Kühle
Scheinbarer Lustigkeit betäubt

Für die Medizin der Mensch
Ein Rheumafaktor & Krebsrisiko
Der Einstich in die Vene
Nicht mehr ein Zugang zum Herzen
Sondern ein Kostenpunkt
Für die selbst schon kranke Kasse
Die Herzkranzgefäße das kostbarste Gut
Der Operateure
Bald werden wir mit Koronarien
Aus biegsamem Chrom und Titan
In eine schmerzfrei sterile Zukunft
Fahren statt schreiten
In den Zwischentönen von stahlgrau,
Asphaltgrau & seidenmatt glänzend
Und als seelische Analphabeten
Die Errungenschaften von
Freiheit, Gleichheit & Brüderlichkeit
Mit Wirtschaftswachstum & Konsumparadiesen
Verwechseln

Fort-Fahrt
Weit weg
Von sich selbst

Und endlich
Der Tod
Ein würdeloser Betrug
Mit künstlich injiziertem Lebenswillen
Ein Adventkalender mit Papiertürchen
Zur glatten Wand
Der Schwesternundärztemaschinerie
Auch auf der letzten Ölung
Kann man kaum mehr gleiten
In eine besänftigende Leere
Sinken
Geleitet von Menschen
Mit einem Wissen um Tunnel
Und Wirbel aus Licht

Fort-Licht
Weit weg



Achim Eckert



Zen
Noch keine Verwirrung am Abend
Das Boot umrundet den Herbst



Skrivena Luka blue



Wünsch mir Wind
Ich habe Segel
Wo andre Engel Flügel haben



Engel aus Valun



Nach dem Jugo
Sitz ich nachts am Bug
Lausche dem Atem des Meeres



Valun am Morgen



Manches ist ein Traum
Der dann doch wieder
Stein & Haut
& Atem wird



Wasser und Fels



KINHIN

Langsamer noch
Als langsam
Setzen sich die sohlen
Auf taufeuchtes gras
Zwischen den mahden

An manchen heuhaufen
Lagern sich stapel meiner gedanken
Wie schmutziges geschirr
In der rauchkuchl des schlosses
Zur festzeit

Dann wieder ist grün und gelb
Und schimmernde helligkeit
Aufgespannt bin ich
Zwischen vögelgezwitscher und insektengesumm
Zwischen himmel und erd



Achim Eckert



CREDO

und dann
durch die Tür zum Gehirn
in ein paradiesisches Reich sinken
wo es alles gibt
Weintrauben und Brüste
Wiesen und schattige Plätzchen im Wald
nackte freundliche schöne Körper
Melonen und Feigen
sich berühren sich lieben
miteinander vertraut sein
jedes Muttermal grüßen
geniessen
den Schlaf geniessen
erfrischt aufwachen
einen funkelnden Tautropfen
im Spinnennetz bewundern



Achim Eckert



TOD

und dann
durch einen Tunnel aus Licht
zum Kranich werden
zum Flügelschlag
zum Horizont
zum Innenraum
zum Eichenhain
zu einem Fußabdruck
im Sand
zu einem Muttermal
auf Gottes Haut



Achim Eckert



 

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